Mischa Kuball hat über eine Länge von 50 Metern einen fortlaufenden künstlich erzeugten Fluss, in welchem historische museale Artefakte wie Relikte unserer Zeit weggeschwemmt werden, auf eine über den Köpfen der Besucher schwebende horizontale Fläche projiziert. Durch die Präsentation wurde sowohl die gesamte Längenstreckung des Raumes sowie dessen Höhe thematisiert. Fließrichtung des Rheines, Wasser und ewige Bewegung, historisches wie Aktuelles, Zeit als Metapher, Geschichte als Bezug, all das spielte in dieser Installation eine Rolle.
objects, artefacts, and other damages
2022, Ortsspezifische Videoinstallation, ca. 50 x 2,5 Meter, 14 Superweitwinkelprojektoren, 14 Mediaplayer, 24.000 x 1.080 Pixel, 25fps
Der Licht- und Konzeptkünstler Mischa Kuball erforscht in seinen Arbeiten immer wieder architektonische Räume und deren soziale und politische Kontexte. Das ehemalige Pumpwerk ist ein idealer Raum für Mischa Kuball, denn es bildet architektonisch gesehen ein Gelenk zwischen Geschichte und Gegenwart. Die Grundversorgung der Kölner Stadtgesellschaft nahm hier vor 150 Jahren ihren Verlauf - damals wie heute spiegelt ‚sauberes Trinkwasser’ den Entwicklungsstand einer Zivilgesellschaft - für fast eine Milliarde Menschen ist diese Versorgung aktuell nicht gewährleistet! - für Kuball ein historisch aufgeladener Sachstand, den er in seiner Video-Arbeit Arbeit objects, artefacts, and other damages sowohl politisch als auch ästhetisch thematisiert.
Die gewaltige Industriedecke des Pumpwerkes wird zu einem Trägermedium, an dem sich Beunruhigendes beobachten lässt: liebgewonnene, erhaltenswerte Kulturgüter mit unschätzbaren Werten für die Identitäten diverser Gesellschaften, scheinen in einem nicht abreißenden Strom der Vergänglichkeit zu verfallen, sie fliessen durch die Halle in einem mäandernden Möbiusband. Unser Blick lässt sich nicht abwenden von der vor unseren Augen stattfindenden Katastrophe, Figuren und Büsten, Münzen und Vasen - in einem unaufhaltsamen Strom.
Mischa Kuball entwirft eine abstrakte Fluss- und Wasseranimation, in denen uns bekannte Artefakte aus unterschiedlichen Museen und aus dem Alltag weggeschwemmt werden. Werden sie ihren Ursprungsorten möglicherweise zugeführt - oder sind sie dauerhaft für alle Kulturen verloren?
Und wo stehen wir: sind wir am Rand dieser Debatte...
Mischa Kuball thematisiert hier neben der Funktion des Pumpwerks zwischen Originalnutzung und Nachnutzung, zwischen Historie und einer ‚gegenwärtigen Zukunft‘ auch die Frage der Provenienz der vorbeiziehenden Objekte, es geht dabei auch um eine Vergegenwärtigung der eigenen Haltung der aktuellen Kulturpraxis.
objects, artefacts, and other damages ist eben auch eine Denkfigur, dysfunktional, unaufhaltbar - Ort des Kulturstroms, der alles mitreisst...
Kurzbiografie
*1959 in Düsseldorf/DE, lebt und arbeitet in Düsseldorf/DE
Mischa Kuball, Konzeptkünstler, arbeitet seit 1977 im öffentlichen und institutionellen Raum. Mit Hilfe des Mediums Licht – in Installationen und Fotografien – erforscht er architektonische Räume und deren soziale und politische Diskurse. Er reflektiert die unterschiedlichen Fassetten, von kulturellen Sozialstrukturen bis hin zu architektonischen Eingriffen, die den Wahrzeichencharakter und den architekturgeschichtlichen Kontext betonen oder neu kodieren. In politisch motivierten und partizipatorischen Projekten verschränken sich öffentlicher und privater Raum. Sie ermöglichen eine Kommunikation zwischen den Teilnehmern, dem Künstler, dem Werk und dem urbanen Raum.
Seit 2007 ist Mischa Kuball Professor an der Kunsthochschule für Medien, Köln, assoziierter Professor für Medienkunst an der Hochschule für Gestaltung/ZKM, Karlsruhe und seit 2015 Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Künste NRW, Düsseldorf. Im Januar 2016 wurde er mit dem Deutschen Lichtkunstpreis ausgezeichnet.
Solo Exhibitions / Projects (Auswahl / selection)
2021 | Mischa Kuball ReferenzRäume, 08.05. – 19.09.2021, Kunstmuseum Wolfsburg, Wolfsburg und 15.11.2021 – 06.03.2022, Museum Morsbroich, Leverkusen /DE |
2020 | Emil Nolde – a critical approach by Mischa Kuball, 11.10.2020-07.02.2021, Draiflessen Collection, Mettingen /DE |
2019 | five suns / after Galileo |
2018 | res·o·nant live, 26.-30.09.2018, Jewish Museum Berlin / Oranienstraße 1, 10999 Berlin-Kreuzberg, Berlin /DE |
2017 | res·o·nant, 17.11.2017-2019, Jüdisches Museum Berlin, Berlin /DE |
Group Exhibitions / Projects (Auswahl / selection)
2021 | Im Schein der Sterne. Geschichten vom Nachthimmel, 09.05.2021 – 05.01.2022, Museum Starnberger See, Starnberg /DE |
2020 | public preposition / LOB DER MENSCHHEIT / human praise, 2020, GEGENWARTEN I PRESENCES: Kunst Stadt Chemnitz, Chemitz /DE |
2019 | public preposition / DYS(U)TOPIA / UNFINISHED, 15-30.11.2019, 28th edition of the Ars Cameralis Festival in the Castle Museum, Pszczyna /PL |